Schaumburger Zeitung vom 7. Oktober 2019

Nostalgiestunden und Heiraten im Heimatmuseum beliebt / Grundsteinlegung jährt sich zum 70. Mal

„Schule früher“ ist der Renner

HATTENDORF. Die einen tun‘s vor dem flackernden Schmiedefeuer, andere mitten im Klassenzimmer, wieder andere auf dem Sofa in der „guten Stube“: „Heiraten im Heimatmuseum“, sagt Karl Hampel, „ist offenbar in.“ Der Leiter des Hauses und Chef des Heimatvereins bietet Hochzeitswilligen in Hattendorf den idealen Rahmen für das standesamtliche Ja-Wort

Zwar hat sich die Zahl der Hochzeiten laut Hampel von 2018 (neun) auf aktuell nur noch fünf nahezu halbiert – einen Abwärtstrend aber spiegele das auf Sicht gesehen nicht. „Seit 2009, als wir erstmals Trauungen am und im Heimatmuseum möglich gemacht haben, haben weit mehr als 50 Paare davon Gebrauch gemacht“, rechnet der Leiter.
Im kommenden Jahr jährt sich die Grundsteinlegung des früheren und von den Hattendorfern in Eigenregie errichteten Schulgebäudes zum 70. Mal. „Dieses Jubiläum“, sagt Hampel, „wird uns vermutlich 2020 auch in Form einer kleinen Sonderausstellung beschäftigen.“.

„Schule früher“: Jörg Landmann, Rektor a. D., paukt mit seinen „Schülern“ im Klassenzimmer des Heimatmuseums, das im Stil der Jahrhundertwende eingerichtet ist. Foto: tw
„Schule früher“: Jörg Landmann, Rektor a. D., paukt mit seinen „Schülern“ im Klassenzimmer des Heimatmuseums, das im Stil der Jahrhundertwende eingerichtet ist. Foto: tw

Zwar hat sich die Zahl der Hochzeiten laut Hampel von 2018 (neun) auf aktuell nur noch fünf nahezu halbiert – einen Abwärtstrend aber spiegele das auf Sicht gesehen nicht. „Seit 2009, als wir erstmals Trauungen am und im Heimatmuseum möglich gemacht haben, haben weit mehr als 50 Paare davon Gebrauch gemacht“, rechnet der Leiter.
Im kommenden Jahr jährt sich die Grundsteinlegung des früheren und von den Hattendorfern in Eigenregie errichteten Schulgebäudes zum 70. Mal. „Dieses Jubiläum“, sagt Hampel, „wird uns vermutlich 2020 auch in Form einer kleinen Sonderausstellung beschäftigen.“
Doch zurück zu den Hochzeiten und der Bilanz, die der Leiter für das in wenigen Wochen endende Museumsjahr 2019 zielt. „Drei- bis viermal sind Brautpaare über das Internet auf uns aufmerksam geworden“, weiß Hampel. Darunter sei eine Lehrerin aus Hannover gewesen, die unbedingt in dem mit Mobiliar aus der Jahrhundertwende eingerichteten Klassenzimmer der Ex-Schule habe heiraten wollen. Die Museumsmannschaft hat das möglich gemacht. Doch es geht auch anders. Als einer anderen Lehrerin aus dem Auetal, die gleichfalls auf der Suche nach dem passenden Rahmen für ihre Trauung gewesen sei, dasselbe Klassenzimmer angeboten habe, habe diese abgewinkt: „Bloß nicht in einer Schule!“
Wobei: Das Klassenzimmer und die gute Stube, gleichfalls im Stil der Jahrhundertwende eingerichtet, sind eher die Ausnahmen auf der Wunschliste der Brautleute. „Die meisten wollen sich von der Standesbeamtin vor dem lodernden Schmiedefeuer zu Mann und Frau erklären lassen, genauso, wie wir das im Internet bewerben“, sagt der Leiter. Bis auf ein einziges Mal habe das auch immer geklappt: „Nur kürzlich spielte das Wetter nicht mit. Da mussten wir die Zeremonie wegen des Regens kurzerhand ins Innere des Museums verlegen.“ Die Hochzeiten sind, was das Museum angeht, kostenfrei. „Wir freuen uns aber natürlich über Spenden, denn wir stellen ja Vereinsmitglieder, die zum Beispiel den Sekt ausschenken“, sagt der Ehrenamtliche. Bis auf zwei-, dreimal seien diese Spenden auch bei jeder Hochzeit geflossen.
Während die Zahl der Hochzeiten im Museum zumindest langfristig steige, blieben die Besucherzahlen 2019 vermutlich in etwa auf dem Stand des Vorjahres, obwohl bei der Eröffnung der Saison im Mai „mit um die 300 Gästen so viele wie nie zuvor gekommen“ seien; bei Kaiserwetter habe kaum noch jemand auf den Hof gepasst. Mit etwa 1000 Besuchern rechnet Hampel für das aktuelle Jahr. Darin enthalten sind auch Gruppen wie Landfrauen und Seniorenheime (Hampel: „Rollatoren sind kein Problem, nur mit Rollstühlen haben wir bauartbedingt Schwierigkeiten“) – sowie eben besagte Hochzeitsgesellschaften.
Auch die Mitgliederzahl des Heimatvereins wird bei Saisonende in etwa derjenigen des Vorjahres entsprechen. Soll heißen: knapp 400 Köpfe. „Zwar hatten wir bereits sieben Neuzugänge, aber es gibt natürlich auch Abgänge durch Todesfälle“, so der Leiter. Schließlich seien etwa 80 Prozent der Mitglieder älter als 70 Jahre. „Den höchsten Mitgliederstand hatten wir vor etwa zehn Jahren mit 450 Köpfen“, erinnert Jörg Landmann. Der Mitbegründer von Heimatverein und Heimatmuseum war bis 2012 Vorsitzender – und ist es jetzt ehrenhalber. „Bei dem Jahresbeitrag, den wir erheben“, meint Landmann, „müsste eigentlich das gesamte Auetal bei uns Mitglied sein. Schließlich beträgt er nur sieben Euro.“ Damit ist dieser Obolus fast 40 Jahre so gut wie stabil geblieben. Denn: „Im Jahr 1980 zahlte ein Mitglied einen Jahresbeitrag von zwölf Mark“, erinnert der Ehrenvorsitzende. Gleichwohl komme der Verein damals wie heute mit dem Geld über die Runden – nicht zuletzt dank mancher großzügigen Hilfen durch die Gemeinde Auetal sowie die Sparkasse Schaumburg und die Volksbank in Schaumburg.
Landmann, der bis zu seinem Ausscheiden 2002 fast 30 Jahre Rektor an der Grundschule in Rehren war, will auch in der Saison 2020 das anbieten, was vielen Menschen von nah und fern und vor allem den Nostalgikern so gut gefällt: „Schule früher“. Mit Gehrock und Rohrstock wird Landmann seinen Schülern nach einem im Stehen gesprochenen „Guten Morgen, Herr Lehrer!“ und einer anschließenden Kontrolle auf saubere Fingernägel dann im historischen Klassenzimmer des Heimatmuseums einmal mehr eine geschlagene Stunde lang die Sütterlinschrift einpauken.
Termin: Saisonabschluss des Heimatmuseums ist am Sonntag, 27. Oktober, ab 11 Uhr. Mittags gibt es an der Langenfelder Straße Kartoffelpuffer mit Apfelmus, nachmittags Kaffee und Kuchen – alles zum Selbstkostenpreis.

Autor:
THOMAS WÜNSCHE