Schaumburger Zeitung vom 01. Juli 2020

Heimatverein besitzt seltenes Miele-Fahrrad / Damaliger Preis: 123 Reichsmark

Museum öffnet am Sonntag

Endlich beginnt die Museumssaison im Auetal. Am Sonntag, 5. Juli, ist das Heimatmuseum in Hattendorf von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Zu sehen auch ein Damenfahrrad der Firma Miele.

HATTENDORF. Endlich ist es so weit: Am kommenden Sonntag, 5. Juli, öffnet das Auetaler Heimatmuseum in Hattendorf seine Türen. Von 14 bis 17 Uhr sind die ehrenamtlichen Helfer vor Ort, führen gerne durch die Räume und erläutern die interessanten Exponate.

 

„Wir haben uns dazu entschlossen, das Museum jetzt wieder zu öffnen. Selbstverständlich steht Desinfektionsmittel zur Verfügung, und wir bitten die Besucher, Abstand zu halten. Das ist aber gut möglich in unserem Museum, denn es gibt schließlich 16 Räume. Masken müssen nicht getragen werden“, sagte der Museumsvater Karl Hampel gegenüber dieser Zeitung.

 

Den Saisonauftakt, der traditionell am 1. Mai stattfinden sollte, hatte das Coronavirus verhindert. Jetzt soll das Heimatmuseum aber wieder wie üblich an jedem ersten und vierten Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet werden. Ob der geplante Saisonabschluss am 25. Oktober stattfinden wird, ist allerdings noch offen.

 

Im Auetaler Heimatmuseum gibt es jede Menge zu entdecken und zu lernen. Dass die Firma „Miele“ damals wie heute Waschmaschinen und Geschirrspüler fertigt, das weiß jedes Kind. Dass der 1899 im westfälischen Herzebrock von Carl Miele (1869 bis 1938) und Reinhard Zinkann (1864 bis 1939) gegründete Betrieb einst jedoch auch Fahrräder baute – dass weiß heute allenfalls noch die Großeltern-Generation.

Doch genau ein solches original Miele-Damenfahrrad, gefertigt in Gütersloh zwischen 1934 und 1961, besitzt der Verein für Heimatpflege Auetal in seinem Museum an der Langenfelder Straße. „Ein Auetaler hatte es samt einer ,Miele Waschmaschine No. 33‘ aus den zwanziger Jahren (wir berichteten) bei einem Bauern in Rehren gelagert. Als dessen Hof abbrannte, hat er uns das Rad wie die Waschmaschine als Dauerleihgabe überlassen“, erzählt Karl Hampel. Restauriert hat es Rainer Bruns, ein Ehrenamtlicher der sogenannten Mittwochsrunde.

 

Der Vereinschef: „Bis auf den später nachgerüsteten Seitenständer sind alle Teile des Fahrrades noch original erhalten.“ Dazu zählt das Firmenemblem auf dem vorderen Schutzblech: ein von einem Pfeil durchbohrter Globus. Selbst der Ledersattel und die Ledertasche, die – wie Rahmen und Schutzblech auch – den Miele-Schriftzug tragen, sind noch vorhanden. „Genau das gleiche Modell“, sagt Hampel, „ist auch im Miele-Werksmuseum in Gütersloh ausgestellt.“ Auf einer Plakette am Lenkerkopf kann man lesen, dass das Auetaler Exemplar einst bei „Erich Sturm“ in Lehrte gekauft wurde. Der Preis, der für das Fahrrad bis zur Währungsreform und der Einführung der D-Mark 1948 aufgerufen wurde: 123 Reichsmark. Für gut erhaltene Einzelteile geschweige denn Kompletträder werden heute bei Auktionen erkleckliche Summen aufgerufen.

 

Miele hatte das Fahrrad 1934 mit hohem Anspruch in den Markt eingeführt:„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, ein Fahrrad zu bauen, das in Güte und Preiswürdigkeit nicht übertroffen werden soll: ein Rad, in der Form vollendet, leicht im Gang, qualitativ durchgearbeitet bis in die kleinsten Einzelheiten; ein Rad – nicht nur für die Rennbahn, sondern für den anstrengenden Tagesgebrauch bestimmt“, warb der Gütersloher Hersteller damals.

 

Die Miele-Fahrräder der Klassen 12 und 15 zeichneten sich durch „eine besonders günstige Preislage in guter Qualität“ aus. Es gab sie in sechs unterschiedlichen Ausführungen und in drei verschiedenen Sitzhöhen. „Leichter Lauf, langes Leben“, das schrieben die Werbestrategen über dieses Modell. Je geringer die Reibung, desto leichterer Lauf, desto längere Haltbarkeit: Aus dieser Erkenntnis seien Miele-Fahrräder aus bestem Material mit höchster Präzision gefertigt worden. Verchromte Speichen, dreifach emaillierte Schutzbleche und Rahmen sowie zahlreiches Zubehör gehören ebenfalls zur Ausstattung.

 

„Dieses Modell gehört zu den Spitzenerzeugnissen der höchsten Qualitätsklasse“, befand die Werbung. Erstklassiges Material, erstklassige Verarbeitung und erstklassige Ausstattung sollten es unverwüstlich machen. Es gab übrigens auch eine Sonderausführung des Miele-Original Herrenmodells Klasse 12 mit Doppel-Oberrohrrahmen zum Einhängen von Schildern und einem extrabreiten Lasten-Gepäckträger.

Autor:

THOMAS WÜNSCHE und Kerstin Lange