Schaumburger Zeitung vom Freitag, 21. Februar 2014
Noch zehn Wochen
Vor der Jubiläumssaison: Der Heimatverein stellt das Museum neu auf
Hattendorf. Zehn Wochen vor der neuen Museumssaison sieht es gut aus in den neuen Räumen, aber das, so erklärt es Rolf Prange, ist erst seit einer guten Woche so. Denn in den letzten Tagen hat
Fritz Buddensiek aus Rehren mehr als eine Sonderschicht eingelegt, bis zu fünf Stunden hat der Maler die neuen Räumlichkeiten, die der Heimatverein seit dem Auszug der Kindertagesstätte mehr
besitzt, renoviert und saniert. Die Wände glänzen weiß, jetzt kann der Teppichboden ausgelegt werden, der in langen Rollen auf seine Weiterverarbeitung wartet. Den Teppich hat der Heimatverein
ein paar Euro günstiger erhalten, gute Kontakte machen es möglich.
Zehn Wochen haben die Ehrenamtlichen im Heimatverein noch Zeit, dann wird die neue, die große Jubiläumssaison eröffnet. „Von der Schule zum Museum“ heißt das Motto, und im Rahmen einer
Bilderausstellung können Besucher dann verfolgen, wie sich Gebäude und Nutzung im Lauf der Jahrzehnte wandelten. Zu sehen gibt es zudem historische Unterlagen und Bücher, die sich mit dem Auetal
befasst haben.
Gute Kontakte haben die Auetaler Heimatfreunde auch in den Lauenau Bereich, genauer gesagt zum Förderverein Feggendorfer Stolln; von dort gab es Kluften und Kleidungsstücke, die im Bergbau
verwendet wurden. Wer sich am Eröffnungstag der neuen Saison links hält, der wird in einem hohen Raum kommen, in dem dargestellt wird, wie die Bergleute einst mit Haken und Kante und Rolle ihre
Alltagskleidung aufbewahrten, nachdem sie die Berufskleidung angezogen hatten. Historische Bergmannsseife wird es auch geben. Und Fußlappen, sagt Rolf Prange, denn der echte Bergmann, der hatte
keine Strümpfe an, sondern eben Fußlappen.
Die Verbindung zwischen Rolfshagen und Oberkirchen über die Glashütte wird dargestellt; viele Rolfshäger sind bekanntlich früher ihrer Arbeit auf „Schauenstein“ nachgegangen; nicht ohne Grund
gibt es in der Bergstadt noch heute hinter dem Markant-Markt einen Rolfshäger Weg.
Erinnert wird an die Ziegelei in Borstel, bislang besitzt der Heimatverein zwar nur ein paar Ziegel und Bilder, aber, so Prange, „wir hoffen, dass es noch mehr wird.“ Wer helfen kann, sollte sich
melden.
Aber so schön das Auetal ist und war, so gab es hier nicht immer das, was die Menschen hier hält: Das ist Arbeit. Wer hier keine fand, der wanderte aus, nach Amerika ins Land der unbegrenzten
Möglichkeiten. In der zweiten großen Auswanderungswelle waren von 1865 bis 1895 auch Auetaler dabei, damals setzte die Auswanderung unterbäuerlicher und unterbürgerlicher Schichten aus
Norddeutschland ein, auch die Einzelwanderung verstärkte sich allmählich. Nicht mehr allein Familien wanderten aus: In dieser zweiten Auswanderungswelle übte nur noch ein geringer Teil der
Auswanderer einen selbstständigen Beruf aus, und der Anteil der Kinder ging stark zurück. Seit etwa 1890 machte die Auswanderung von Einzelpersonen den Hauptteil der Migrationsbewegung aus. Daran
waren nicht mehr ausschließlich Männer, sondern in zunehmendem Maße auch Frauen beteiligt. Angelika Schierhölter aus Schaumburg hat sich mit den Auetaler Auswanderern beschäftigt, ihre Ergebnisse
werden ab dem 1. Mai zu sehen sein.
Der letzte Blick beim Rundgang durch das Museum gilt dem Raum „bäuerliches Leben“. Und was soll man sagen? Der bis zum letzten Jahr proppenvolle Raum ist jetzt transparent und übersichtlich, die
vielen Vitrinen, die Wege verstellten, sind überwiegend verschwunden, jetzt kann sich der Besucher mit viel Platz zwischen den Exponaten bewegen. Vieles wird bleiben, einiges wird geändert,
rechts neben der Tür wird die Schlachterei einen großen Raum einnehmen; und das ist ja auch richtig so, weil viele Auetaler bis weit in die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch selbst
Schweine hielten, die dann zu Hause unters Schlachtermesser kamen. Rolf Prange und Vorsitzender Karl Hampel formulieren es so: „Es ist weniger, aber man sieht mehr.“ und das ist ohne Frage ein
Fortschritt.
An diesem Mittwoch ist abends noch ein Termin angesetzt, denn im letzten neuen Raum soll quer über die Wand eine Süntelbuche gemalt werden. Dabei gibt es ein Problem: Erstens: Welche Süntelbuche
nehmen wir? Auf einem Foto ist eine in voller Pracht stehende Buche zu sehen, mit viel Laub, aber leider definiert sich die Süntelbuche eher über ihre knickwüchsig hin- und hergebogenen Äste, die
nicht zu erkennen sind. Prange und Hampel favorisieren ein anderes Bild, mit den typischen Ästen, aber das zu malen, so hatte ihnen die Escheraner Malerin Kerstin Liwack ausgeführt, das würde
viele Wochen dauern, auf jeden Fall wäre das Bild zum 1. Mai nicht fertig.
Auch Thomas Perl, der ein Haus weiter lebende und arbeitende Auetaler Künstler, hat sich seine Gedanken über eine moderne Version des Baumes gemacht; man weiß es noch nicht, es gibt noch
Gesprächsbedarf.
Ein neuer Platz wird noch für die vielen Vereinsfahnen gesucht, denn die Räume sind nicht hoch genug, aber gezeigt werden sollen sie doch in ihrer ganzen Schönheit, auch hier wird noch eine
Lösung gesucht. Aber es sind ja noch zehn Wochen.
Kurt Hampel sieht es etwas anders: „Die können schnell vorbei sein.“
VON FRANK WESTERMANN
So sah sie aus, die Ziegelei in Borstel. Aber mehr als ein paar Bilder und Ziegel hat der Heimatverein nicht, Rolf Prange (unten r.) und seine Mitstreiter suchen nach mehr.